Antidekubitustag 2021 – Prophylaxe ist wichtig

Dekubitus verhindern – wie das geht, steht im „Expertenstandard Dekubitusprophylaxe“ vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP). Redakteurin Silke Lauenroth hat sich intensiv damit auseinandergesetzt und zusammen mit dem Uniklinikum Düsseldorf den WebTV-Kurs entwickelt, der Pflegekräfte im „Expertenstandard Dekubitusprophylaxe“ schult. Ein Interview zum weltweiten Antidekubitustag am 18. November 2021.

Welche Erkenntnis hat dir die Auseinandersetzung mit dem Expertenstandard gebracht?

Dass die richtige Dekubitusprophylaxe viel Leid verhindern kann.

Kannst du das näher erklären?

Ein Dekubitus, also ein Hautschaden durch Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften, ist extrem schmerzhaft und seine Behandlung langwierig und teuer. Aber was ich wirklich erstaunlich finde: Bei richtiger Pflege gilt er – laut Expertenstandard – als weitgehend vermeidbar. Dekubitus muss nicht sein.

Betrifft das Problem „Dekubitus“ denn viele Menschen?

Ja, auch das hat mich als Laien sehr überrascht. Alle Personen mit eingeschränkter Mobilität sind gefährdet. Nicht nur alte Menschen, auch junge, die zum Beispiel nach einem Skiunfall einen Gips tragen, oder Neugeborene mit einem Zugang. Es muss auch kein starker Druck sein, ein Laken reicht schon. Was ich auch nicht wusste: Im Sitzen ist der Auflagedruck bis zu sieben Mal höher als im Liegen. Deshalb sollten Pflegebedürftige nicht zu lange sitzen. Das ist übrigens auch ein großes Problem für Menschen mit Rollstuhl.

 

Was ist ein Dekubitus?

Ein Dekubitus ist ein Hautschaden, der durch Druck oder Druck in Verbindung mit Scherkräften hervorgerufen wird. Wird er nicht erkannt, entsteht eine offene Wunde, über die Keime eindringen können. Die Folge kann eine Sepsis und im schlimmsten Fall der Tod sein. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) erleiden in Deutschland über 400.000 Menschen im Jahr einen behandlungsbedürftigen Dekubitus. Und das, obwohl ein Dekubitus – umgangssprachlich auch Druck- oder Liegegeschwür genannt – bei richtiger Pflege als weitgehend vermeidbar gilt.

Also ist Dekubitusprophylaxe nicht nur in Pflegeheimen wichtig?

Nein, auch in Kliniken und bei ambulanten Pflegediensten ist es ein zentrales Anliegen der Pflege, Dekubitus zu verhindern. Die Dekubitusprophylaxe kann laut Expertenstandard tatsächlich als Maßstab für die Qualität der Pflege gelten. Und die Fachkräfte können wichtige Hinweise für pflegende Angehörige geben. Denn auch zu Hause treten immer wieder Dekubitus auf.

Wie hilft der WebTV-Kurs „Expertenstandard Dekubitusprophylaxe“ den Einrichtungen?

Der Kurs ist ein wichtiger Baustein, den Expertenstandard in der jeweiligen Einrichtung einzuführen und umzusetzen. Bei einer Prüfung kann über unser webtvcampus-System sekundengenau und rechtssicher nachgewiesen werden, wer wann zum Thema Dekubitusprophylaxe geschult wurde. Inhaltlich haben wir uns eng an die Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen des DNQP gehalten – angereichert aber durch ganz praktische Erfahrungen von Pflegeexperten.

Dafür hast du mit Fachkräften vom Uniklinikum Düsseldorf zusammengearbeitet.

Ja, die haben viele wertvolle Hinweise aus ihrem Arbeitsalltag gegeben. Wie wichtig es zum Beispiel ist, die Rötungen von anderen Hautschäden, etwa durch Inkontinenz, unterscheiden zu können. Die unterschiedlichen Erscheinungsbilder und Merkmale zeigen wir jetzt im Film.

Wie erkennt man generell, ob eine rote Hautstelle ein Dekubitus ist?

Es gibt einen Test: draufdrücken und wieder loslassen. Ist die Haut danach erst weiß und wird dann wieder rot, das Blut fließt also zurück ins Gewebe, heißt das: Entwarnung. Bleibt die Hautstelle jedoch durchgängig rot, ist das ein Alarmzeichen. Die verschiedenen Dekubitus-Kategorien verdeutlichen wir mit Hilfe aufwendiger 3D-Animationen.

Der Expertenstandard gibt den aktuellen Forschungsstand zum Thema wieder. Was hat sich auf diesem Gebiet weiterentwickelt?

Es gibt Maßnahmen, die mittlerweile als veraltet gelten: ringförmige Hilfsmittel zum Beispiel, um die betroffene Hautstelle freizulegen. Damit wird dann zwar diese Stelle entlastet, aber wo der Ring aufliegt, entsteht neuer Druck. Oder die Kühlung der betroffenen Stelle – auch da sagt die Studienlage mittlerweile, dass es nicht sinnvoll ist.

Was ist denn sinnvoll, um Dekubitus zu verhindern?

Laut Experten ist es vor allem wichtig, die Eigenbewegung der Patienten entsprechend ihrer vorhandenen Ressourcen zu fördern und die Betroffenen regelmäßig anders zu positionieren. Wichtig ist außerdem, die Haut gut zu pflegen und sie regelmäßig zu kontrollieren.

 

Was sind Expertenstandards?

Mit den Expertenstandards des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) soll die Qualität der Pflege gefördert werden. Auf Basis von nationalen und internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie praktischen Erfahrungen stellen die Expertenstandards den aktuellen Wissensstand ihres jeweiligen Themas dar. Sie geben Ziele und Handlungsempfehlungen an.
Aktuell gibt es elf Expertenstandards, zu denen webtvcampus nach und nach Kurse veröffentlichen wird. Der WebTV-Kurs zur Dekubitusprophylaxe ist ab sofort erhältlich.

Silke Lauenroth ist ausgebildete Fernsehjournalistin und hat als Redakteurin und Moderatorin die Online-Sendung „UKD:visite“ gestaltet. Bei webtvcampus ist sie Redakteurin und Producerin von WebTV-Kursen. Zur Zeit sind ihr Schwerpunkt die Expertenstandards.