5 Fragen an Turid Reischig Rechtsanwältin und Fachbeirat von webtvcampus GmbH zum Thema „Team Wallraff: Schmutz und Gier – Undercover in der Reinigungsbranche“

1. Wer ist für die Hygiene in einem Krankenhaus verantwortlich? … und kann diese Verantwortung vollständig an Dritte (externe Dienstleister) übertragen werden? 

Hygiene beschäftigt sich mit der Erforschung, Prävention und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Sie dient dem Schutz vor Infektionskrankheiten sowohl der Patienten als auch des Personals.Ziel der Krankenhaushygiene ist es, das Infektionsrisiko so weit wie möglich zu minimieren. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelt in § 23, dass die Leiter von Gesundheitseinrichtungen sicherzustellen haben, „dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden.“Das IfSG ist die gesetzliche Grundlage für die Hygieneverordnungen der einzelnen Bundesländer. Diese enthalten Vorgaben zu Fachpersonal, Hygieneplänen, epidemiologische Überwachung (Surveillance), Schulung und Fortbildung der Krankenhausmitarbeiter.Für die Umsetzung der Vorgaben auf der Basis des IfSG ist die Krankenhausleitung verantwortlich. Sie wird dabei durch Krankenhaushygieniker, hygienebeauftragte Ärzte, Hygienefachkräfte und Hygienebeauftragte in der Pflege unterstützt.  2013 wurde ein Hygieneförderprogramm eingerichtet, über das Personaleinstellungen, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie Beratungsleistungen gefördert wurden. Ende 2022 wurde das Hygieneförderprogramm als Infektiologieförderprogramm für weitere 3 Jahre verlängert.

2. Welche Verantwortung tragen Krankenhaushygieniker, hygienebeauftragte Ärzte, Hygienefachkräfte und Hygienebeauftragte der Pflege noch, wenn externe Unternehmen mit der Reinigung beauftragt sind?  … und sind diese Fachkräfte ggf. sogar haftbar bei Unterlassung?

Die Krankenhausleitung ist gem. IfSG dafür verantwortlich, dass die Vorgaben gem. den Hygieneverordnungen der Länder eingehalten werden. Dies schließt regelmäßige Kontrollen im Krankenhaus ein. Zusätzlich gilt im Krankenhausbereich die DIN 13063. Die „DIN 13063 Krankenhausreinigung – Anforderungen an die Reinigung und desinfizierende Reinigung in Krankenhausgebäuden und anderen medizinischen Einrichtungen“ definiert erstmalig als Standard die Qualität und Qualitätssicherung der Krankenhausreinigung. Durch die Handlungsempfehlung sollen Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen einerseits dabei unterstützt werden, geeignete Reinigungsdienstleister zu identifizieren, andererseits erhalten Reinigungsdienstleister ab sofort klare Vorgaben bezüglich des Umfangs, der Art und der Häufigkeit der Reinigung. Ziel ist, durch standardisierte Prozesse bei der Reinigung die Hygiene in Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen stetig zu verbessern, um dazu beizutragen, nosokomialen Infektionen, also sogenannten Krankenhauskeimen, Einhalt zu gebieten.

3. Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, für den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu sorgen. Inwiefern verstößt eine fehlende sorgfältige Einarbeitung gegen diese Pflicht?

Die Unterweisung ist für den Arbeitgeber verpflichtend, § 12 Abs. 1 ArbSchG: Der Arbeitgeber hat die Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. Dabei sind alle für diesen Arbeitsplatz bedeutenden Themen des Arbeitsschutzes zu berücksichtigen. Grundlage hierfür ist die Gefährdungsbeurteilung vor Ort. Beratung zu Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes bieten die Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie die Führungskräfte der Krankenhaushygiene.
Außerdem hat der Arbeitgeber darauf zu achten, dass bereichsspezifische Pflichtschulungen (gesetzlich verpflichtende Teilnahme) absolviert werden. Beispielsweise müssen alle Beschäftigten, die am Patienten tätig sind, an Unterweisungen zu Hygiene teilnehmen. Zudem gibt es Pflichtschulungen u. a. zu den Themen: Medizinprodukte (§2 MPBetreibV), Gefahrstoffe (§14 GefStoffV), Biostoffe (§14 BioStoffV) und Strahlenschutz (§38 StrlSchV).

4. Können Arbeitnehmer (Reinigungskräfte) haftbar sein, wenn diese wissentlich gegen Hygienevorgaben verstoßen (sollen)?

Zunächst gelten die Ausführungen unter Ziff. I. Neben der Krankenhausleitung haften die Reinigungskräfte gem. § 276 BGB nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Das vom Krankenhaus beauftragte Reinigungsunternehmen haftet aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag.
Arbeitnehmer, einschließlich Reinigungskräfte, können haftbar gemacht werden, wenn sie wissentlich gegen Hygienevorgaben verstoßen oder ihre Pflichten grob fahrlässig vernachlässigen. Wenn eine Reinigungskraft beispielsweise bewusst Hygienevorschriften nicht einhält und dadurch eine Verbreitung von Krankheiten oder eine Gefährdung der Gesundheit anderer Personen verursacht, kann dies rechtliche Konsequenzen haben. Arbeitnehmer haben die Pflicht, die ihnen bekannten Hygienevorschriften und Sicherheitsbestimmungen einzuhalten, insbesondere in Bereichen wie Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder Lebensmittelbetrieben, wo die Einhaltung strenger Hygienestandards von entscheidender Bedeutung ist. Verstöße gegen diese Vorschriften können nicht nur zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen, sondern auch zu zivil- und strafrechtlicher Haftung, insbesondere wenn dadurch Schäden verursacht werden. Es ist wichtig, dass Arbeitnehmer, insbesondere Reinigungskräfte, entsprechend geschult und sensibilisiert werden, um die Bedeutung der Hygienevorschriften zu verstehen und ihnen Folge zu leisten. Arbeitgeber sind in der Regel dafür verantwortlich, sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter angemessen geschult und informiert sind, um die Einhaltung von Hygienevorschriften zu gewährleisten.

5. Gibt es übergeordnete Behörden, die die Hygiene in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen überprüfen müssen?

Gesundheitsämter sind maßgeblich für die Überwachung von Infektionskrankheiten zuständig. Sie erfassen Krankheitsfälle, veranlassen Untersuchungen und ergreifen Maßnahmen zur Eindämmung von Ausbrüchen, insbesondere bei übertragbaren Krankheiten wie COVID-19, Influenza, Masern usw.
Die Gesundheitsämter kontrollieren die Einhaltung von Hygienevorschriften in verschiedenen Einrichtungen wie Krankenhäusern (regelmäßige Begehungen) und Pflegeeinrichtungen, um die Verbreitung von Krankheiten zu verhindern. Darüber hinaus betreiben Gesundheitsämter Surveillance-Systeme, um frühzeitig auf gesundheitliche Bedrohungen reagieren zu können. Sie sind auch an der epidemiologischen Forschung beteiligt, um Ursachen von Krankheiten und deren Verbreitung festzustellen. Zudem ist gem. § 23 Abs. 1 IfSG beim Robert Koch-Institut eine Kommission für Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen und in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe eingerichtet. In Deutschland werden jährlich circa 18 Millionen Menschen vollstationär behandelt. Hinzu kommen medizinische Maßnahmen im Rahmen der ambulanten medizinischen Versorgung und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Pflege und Behandlung sind je nach ihrer Art mit einem endogenen und exogenen Infektionsrisiko verbunden. Dieses auf der Basis der aktuellen Erkenntnisse über die Vermeidung derartiger Infektionen zu minimieren, ist das Ziel von den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Die Empfehlungen zur Prävention nosokomialer Infektionen schließen solche zu betrieblich-organisatorischen und baulich-funktionellen Maßnahmen der Hygiene, das Hygiene-Management sowie Methoden zur Erkennung, Erfassung, Bewertung und gezielten Kontrolle dieser Infektionen ein.