KI in der Medizin: Ungeahnte Möglichkeiten
Der Einsatz von KI in der Medizin steht erst am Anfang, nimmt aber immer schneller Fahrt auf. Künstliche Intelligenz eröffnet ungeahnte Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie. Wir geben einen Einblick.
Künstliche Intelligenz in der Medizin
Wissenschaftler an verschiedenen Universitäten, Instituten und Krankenhäusern arbeiten unter Hochdruck daran, Anwendungen von KI in der Medizin zu finden, zu erforschen und umzusetzen. Viele Teilbereiche der Künstlichen Intelligenz kommen dabei zum Tragen:
- Maschinelles Lernen (ML): Computer lernen aus Daten, um Muster zu erkennen und Vorhersagen zu treffen.
- Deep Learning: Eine besondere Form des maschinellen Lernens, bei der künstliche neuronale Netze mit vielen Schichten verwendet werden, um komplexe Aufgaben wie Spracherkennung oder Bildanalyse zu bewältigen.
- Natürliche Sprachverarbeitung (Natural Language Processing, NLP): Computern wird beigebracht, menschliche Sprache zu verstehen, verarbeiten und zu generieren, zum Beispiel in Chatbots.
- Computer Vision: Computer lernen, Bilder und Videos zu interpretieren, zum Beispiel bei medizinischer Bildanalyse in der Radiologie.
- Expertensysteme: Systeme, die auf einer großen Datengrundlage helfen, Entscheidungen in speziellen Fachgebieten zu treffen.
- Robotik: KI steuert Roboter bei Operationen und analysiert die dabei gesammelten Bilder und Daten.
- Kognitive Systeme: Diese versuchen, menschliche Denkprozesse nachzuahmen, um komplexe Probleme, etwa in der Forschung, zu lösen.
KI-Medizin: Beispiele aus dem Krankenhaus
Universitätskliniken beschäftigen sich mittlerweile verstärkt mit dem Thema KI in der Medizin und zeigen, wohin die Reise gehen kann. So hat das Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf ein Start-Up gegründet, in dem Anwendungen von KI in der Medizin entwickelt werden. Eine der ersten, die zum Einsatz kommt, ist die automatische Generierung von Entlassbriefen mittels KI (Quelle 1). In Nordrhein-Westfalen wollen die Universitätsmedizin Essen (Quelle 2) und das Universitätsklinikum Bonn (Quelle 3) mit jeweils eigenen Projekten zeigen, wie das Krankenhaus der Zukunft aussehen kann.
Anwendungsbereiche für KI im Krankenhaus zeigt die Internetseite KI.Welten.NRW.
Das sind zum Beispiel:
Operationssaal: Mittels KI kann die individuelle Anatomie eines Patienten dreidimensional dargestellt werden. Mit VR-Brillen oder Head-Mounted-Displays soll es den Chirurgen möglich sein, die OP an diesem Digital Twin zu planen und üben. Auch Ärzte, die nicht anwesend sind, sollen als Avatare ihre Expertise einbringen können. Bei robotisch-minimalinvasiven Operationen analysiert die KI die Videos, um Operationsschritte und Abläufe zu erfassen und Wege hin zur Automatisierung zu zeigen. (Quelle 4)
Das Universitätsklinikum Bonn baut zur Zeit den Innovative Secure Medical Campus (Quelle 3) auf: Das Digitalisierungsprojekt will zeigen, wie der Medizin-Campus der Zukunft mit dem Einsatz von KI in der Medizin, aber auch in der Pflege, Verwaltung und Logistik, aussehen kann. (Quelle Bonn). Es will ein medizinisches Metaversum schaffen mit Operationsplanung am Digital Twin und KI-erweiterter Robotik. Gleichzeitig arbeitet es an der Cybersecurity, damit KI sicher eingesetzt, der Datenschutz der Patienten gewährleistet und das Krankenhaus vor Cyberangriffen geschützt werden kann.
Patientenzimmer: Wenn kein ärztliches oder pflegerisches Personal verfügbar ist, sollen Patienten per Chatbot und Sprachsteuerung Fragen stellen und Informationen zu ihrem Behandlungsverlauf bekommen. Mit Sprachbefehlen könnten sie auch Elemente des Zimmers steuern, Kalendereinträge vornehmen oder mit Angehörigen kommunizieren. Ihre Vitaldaten, Schlaf- und Aktivitätsparameter sollen mit Bettensensorik überwacht und analysiert werden. Mittels Natural Language Processing soll die KI aus Dokumenten, die Patienten mitbringen, für die Behandlung wichtige Informationen auslesen (Quelle 4).
Die Universitätsmedizin Essen entwickelt und erprobt mit dem Projekt SmartHospital.NRW KI-basierte Anwendungen. In einem Showroom zeigt sie die ersten Prototypen der Entwicklung: Ein Sprachassistenzsystem zur Steuerung für das Patientenzimmer; ein multimodales Unterstützungssystem für die Angiographie und einen Entlassbriefgenerator (Quelle 2).
Schockraum: Wenn schwerstverletzte Patienten in den Schockraum kommen, helfen klinische Entscheidungsunterstützung-Systeme (CDSS), das Risiko einer Not-OP abzuschätzen, indem sie mögliche Komplikationen visualisieren. Die Trajektorien-Klassifikation gibt zu Beginn der Behandlung einen Überblick über den wahrscheinlichen Gesamtverlauf (Trajektorie). Dabei leitet die KI statistische Zusammenhänge aus vergangenen Fällen ab und vergleicht sie mit den Patienten-Parametern. Über ein Leitlinien-Interface sucht die KI in den Hunderte von Seiten starken Leitlinien nach relevanten Informationen für diesen individuellen Fall (Quelle 4)
KI für Diagnose und Therapie: KI-gestützte Diagnosen in der Medizin können medizinisches Personal entlasten und zur Patientensicherheit beitragen. Künstliche Intelligenz verbessert die Therapie, indem sie sie personalisiert und präzisere Anwendung, etwa in der OP, ermöglicht.
Das Bonner Universitätsklinikum erforscht KI in der Radiologie bei der Befundung von Leber und Prostata.(Quelle 3)
Die Uniklinik Köln hat zusammen mit der New York University eine KI-Anwendung entwickelt, die bei einer Hirn-OP innerhalb von drei Minuten ein ZNS-Lymphom von anderen Tumoren unterscheiden kann – das ist wichtig, weil sie eine andere Behandlung erfordern. (Quelle 5)
Im Cancer Research Center Cologne Essen erforschen Krebsmediziner der Kölner und Essener Unikliniken gemeinsam den Einsatz von KI bei der Diagnostik und der Therapie von Krebs. Sie soll zu einem tieferen Verständnis der Krankheit führen – aufgrund der verarbeiteten Datenmengen – und eine auf den individuellen Patienten zugeschnittene Therapie ermöglichen. (Quelle 6)
Das Universitätsklinikum des Saarlandes setzt KI schon in der Strahlentherapie ein: Sie kann den Strahl präziser steuern als der Mensch und damit schonender einsetzen. (Quelle 7)
KI in der Medizin: Vor- und Nachteile
Künstliche Intelligenz kann der Medizin entscheidende Vorteile bringen:
- Präzisere und schnellere Diagnosen
- Personalisierte Therapien
- Hilfe in der Pflege
- Bessere Patientenbetreuung
- Verbesserung von Verwaltung und Logistik
Aber sie bringt auch Befürchtungen mit sich. Nachteile können vor allem entstehen im Bereich Datenschutz und IT-Sicherheit. Die KI braucht Unmengen an Daten, um zu lernen und ihre Aufgaben erfüllen zu können. Wenn dort nicht der entsprechende Schutz, auch vor Cyberangriffen, gewährleistet ist, dient der Einsatz von KI nicht dem Schutz der Patienten, sondern gefährdet sie eher. (sas)
Quellen:
Quelle 1: IDM – Innovative Digitale Medizin
Quelle 2: Universitätsmedizin Essen: Smart Hospital
Quelle 3: UKB | Innovative Secure Medical Campus
Quelle 4: Künstliche Intelligenz im Krankenhaus | KI.Welten – KI.NRW
Quelle 5: KI-basierte Diagnoseergebnisse im OP-Saal | Neurochirurgie | Uniklinik Köln
Quelle 6: Wüst und Brandes informieren über NRW-KI-Strategie | Uniklinik Köln