Pflegeschlüssel: Personalbemessung im Umbruch

Reicht das Personal? Eine Frage, die nicht nur Patienten, sondern auch Pflegekräfte und deren Arbeitgeber interessiert. Der Pflegeschlüssel, also das zahlenmäßige Verhältnis von Pflegekraft zu Pflegebedürftigen, wird dabei immer wieder diskutiert. Vieles ist im Umbruch – sowohl bei der Bemessung des Personals im Krankenhaus als auch in der stationären Altenpflege.

Pflegeschlüssel in der Altenpflege

Umwälzungen stehen der Personalplanung im Pflegeheim bevor. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) (Quelle 1) wird ab 1. Juli 2023 erstmals ein bundeseinheitlicher Personalschlüssel für die voll- oder teilstationäre Pflege vorgegeben. Bisher regelten das die Länder individuell mit ihren Trägern der Pflegeeinrichtungen, so dass es von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Pflegeschlüssel gab.

Diese neuen Personalanhaltswerte stehen in § 113c Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) (Quelle 2). Sie sind erstens nach Pflegegraden der Bewohner gestaffelt und zweitens nach der Qualifikation des Pflegepersonals. Danach dürfen die Pflegeeinrichtungen zum Beispiel pro Bewohner mit Pflegegrad 5, dem höchsten Pflegebedarf, 0,3842 Vollzeitstellen einer Pflegefachkraft berechnen. 0,1102 Vollzeitstellen dürfen von einer Hilfskraft mit einer mindestens einjährigen Helferausbildung ausgefüllt werden und 0,1758 Vollzeitstellen von einer Hilfskraft ohne eine solche Ausbildung (alles bezogen auf Pflegegrad 5). Laut Bundesgesundheitsministerium (Quelle 1) sollen die neuen Vorgaben die Einstellung von weiterem Personal ermöglichen.

Im Einzelnen regeln Rahmenverträge zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen und den Trägern der stationären Pflege im Land (zum Beispiel Caritas, Diakonie oder Deutsches Rotes Kreuz) den Pflegeschlüssel. § 113c SGB XI weist die Akteure auf Landesebene an, zum 1. Juli 2023 angepasste Verträge vorzulegen, die die neuen Personalanhaltszahlen berücksichtigen.

Qualifizierung der Pflegekräfte

Für große Veränderungen in der Personalbemessung sorgt der bundesweite Pflegeschlüssel vor allem durch das neue dreiteilige System aus Fachkräften, qualifizierten Helfern und Helfern ohne (staatlich anerkannte) Ausbildung. Bisher gab es nur Pflegefachkräfte und Pflegehelfer. Damit ändert sich die Pflegeschlüssel-Berechnung von Grund auf. Fachleute fragen sich auch, wo dieses Personal herkommen soll. Der Paritätische – Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege (Quelle 3) sieht genau darin eine große Bildungsaufgabe für die Bundesländer. Bis 2030 würden voraussichtlich 120.000 zusätzliche Pflegehilfskräfte mit staatlich anerkannter Ausbildung gebraucht.

Pflegeschlüssel im Krankenhaus

Krankenhäuser müssen sich seit 2021 an die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) (Quelle 4) halten. Darin wird für bestimmte medizinische Bereiche festgelegt, wie viele Pflegekräfte es pro Patient geben muss. Es handelt sich um so genannte „pflegesensitive Bereiche“, in denen fehlendes Personal besonders gravierende Folgen für die Patienten haben würde. Zum Beispiel dürfen auf Intensivstationen in der Tagschicht nicht weniger als eine Pflegekraft auf zwei Patienten kommen, in der Nachtschicht gilt: Nicht mehr als drei Patienten pro Pflegekraft.

2022 wurden neben der Pädiatrischen Intensivmedizin zusätzlich alle anderen pädiatrischen Abteilungen als pflegesensitiv eingestuft. Seit 1. Januar 2023 gelten Personaluntergrenzen auch für Gynäkologie und Geburtshilfe, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Urologie und Rheumatologie. Insgesamt zählen mittlerweile folgende Bereiche als pflegesensitiv:

  • Intensivmedizin und pädiatrische Intensivmedizin,
  • Geriatrie,
  • Allgemeine Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie
  • Innere Medizin und Kardiologie,
  • Herzchirurgie,
  • Neurologie,
  • Neurologische Schlaganfalleinheit,
  • Neurologische Frührehabilitation,
  • Allgemeine, spezielle und neonatologische Pädiatrie,
  • Gynäkologie und Geburtshilfe,
  • Hals-Nasen-Ohrenheilkunde,
  • Rheumatologie,
  • Urologie

Das Bundesgesundheitsministerium (Quelle 5) gibt genaue Angaben über den Pflegeschlüssel, der in den einzelnen Abteilungen angewandt werden muss. Krankenhäuser, die sich nicht daran halten, bekommen weniger Geld. Überprüft wird die Einhaltung der Personaluntergrenzen von Wirtschafts- oder Buchprüfern.

Auch unabhängig von gesetzlichen Vorgaben ist es für Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und deren Träger wichtig, für ausreichend Pflegepersonal zu sorgen. Nicht nur im Sinne der Patientensicherheit, sondern auch für die Gewinnung von Pflegekräften. Denn die wünschen sich nicht vorrangig mehr Geld, sondern vor allem bessere Arbeitsbedingungen. (sas)

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Quelle 1: Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GV (bundesgesundheitsministerium.de)

Quelle 2: § 113c SGB XI Personalbemessung in vollstationären Pflegeeinrichtungen (sozialgesetzbuch-sgb.de)

Quelle 3: Die Umsetzung der Personalbemessung nach § 113c SGB XI in vollstationären Pflegeeinrichtungen ist auch ein großes Bildungsthema, welches in den Bundesländern angeschoben und koordiniert werden muss. – Der Paritätische – Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege (der-paritaetische.de)

Quelle 4: PpUGV – nichtamtliches Inhaltsverzeichnis (gesetze-im-internet.de)

Quelle 5: Pflegepersonaluntergrenzen im Krankenhaus (bundesgesundheitsministerium.de)